Sarkopenie bei Frauen: Die Rolle von Omega-3-Fettsäuren und Proteinzufuhr

Sarkopenie bei Frauen: Die Rolle von Omega-3-Fettsäuren und Proteinzufuhr

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Mit zunehmendem Alter verlieren viele Menschen nach und nach Muskelmasse und -kraft – ein Prozess, der als Sarkopenie bekannt ist. Besonders Frauen sind davon häufig stärker betroffen. Dieser Muskelabbau kann die Beweglichkeit einschränken und die Selbstständigkeit im Alltag erheblich beeinträchtigen. Forschungsergebnisse zeigen, wie wichtig bestimmte Nährstoffe wie Omega-3-Fettsäuren und Proteine für den Muskelerhalt im Alter sind. Dabei rückt besonders die Rolle dieser Nährstoffe für ältere Frauen in den Fokus, um gezielte Empfehlungen für eine bessere Muskelgesundheit zu geben.

Frauen: Stärker betroffen als Männer

Frauen sind im höheren Lebensalter überdurchschnittlich häufig von Sarkopenie betroffen – deutlich häufiger und ausgeprägter als Männer. Neben biologischen Unterschieden spielen dabei auch hormonelle, soziale und lebensstilbedingte Faktoren eine Rolle. Besonders einschneidend wirkt sich die hormonelle Umstellung in der Menopause auf die Muskelgesundheit aus. Doch auch das Bewegungs- und Ernährungsverhalten im Alter beeinflusst das Risiko erheblich.

Besonders alarmierend ist das häufige gleichzeitige Auftreten von Sarkopenie und Osteoporose bei Frauen eine Kombination, die als Osteosarkopenie bezeichnet wird. Diese Doppeldiagnose erhöht das Risiko für Stürze, Knochenbrüche und Mobilitätsverlust erheblich. Die frühzeitige Erkennung und gezielte Prävention dieser beiden altersbedingten Erkrankungen ist daher von besonderer Bedeutung für die Frauengesundheit im höheren Lebensalter.

Sarkopenie verkürzt gesunde Lebensjahre

Viele Menschen unterschätzen die Folgen von Sarkopenie oder halten sie lediglich für ein altersbedingtes „normaleres“ Nachlassen der Muskelkraft. Doch der fortschreitende Abbau von Muskelmasse ist weit mehr als nur ein kosmetisches oder funktionelles Problem – er hat direkte Auswirkungen auf Gesundheit, Lebensqualität und sogar auf die Lebenserwartung. Studien zeigen deutlich, dass ältere Menschen mit Sarkopenie ein erhöhtes Risiko für schwere gesundheitliche Komplikationen haben. Hierzu zählen u.a.: 

  • Stürze Knochenbrüche 
  • Längere Krankenhausaufenthalte 
  • Zunehmende Pflegebedürftigkeit 

Was vielen jedoch nicht bewusst ist: Auch das Risiko, früher zu sterben, ist bei Menschen mit Sarkopenie deutlich erhöht. So zeigte beispielsweise eine große chinesische Studie, dass Frauen mit 60 Jahren und einer bestehenden Sarkopenie im Durchschnitt rund 3,4 Jahre früher sterben als gleichaltrige Frauen ohne diese Erkrankung. 

Diese Zahlen zeigen: Auch wenn sich die Gesamtlebenserwartung durch Sarkopenie vielleicht nur um wenige Jahre verkürzt, sind vor allem die gesunden, selbstbestimmten und aktiven Lebensjahre betroffen. Die möglichen Folgen sind laut Studien: 

  • Frühzeitiger Verlust der Mobilität 
  • Eingeschränkte Selbständigkeit 
  • Verringerte Leistungsfähigkeit 
  • Isolation, Depression und Verlust der Lebensfreude 

Deshalb ist es besonders wichtig, frühzeitig gegenzusteuern – und zwar nicht erst, wenn erste Beschwerden auftreten. Eine ausgewogene, eiweißreiche Ernährung, regelmäßige Bewegung und gezieltes Krafttraining sind einfache, aber sehr wirksame Maßnahmen, um Muskelmasse und Muskelkraft im Alter zu erhalten oder wieder aufzubauen. So lässt sich nicht nur die Lebensqualität verbessern, sondern auch die Zahl der gesunden Lebensjahre deutlich verlängern.

Omega-3-Fettsäuren: Möglicher Schutz für die Muskulatur im Alter

Omega-3-Fettsäuren – insbesondere die beiden langkettigen Fettsäuren EPA (Eicosapentaensäure) und DHA (Docosahexaensäure) – sind essenzielle Nährstoffe, die der Körper nicht selbst herstellen kann. Sie müssen also über die Nahrung aufgenommen werden, zum Beispiel über fettreichen Seefisch wie Lachs, Makrele oder Hering. Bekannt sind Omega-3-Fettsäuren vor allem für ihre entzündungshemmenden Eigenschaften und ihre positive Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System. In den letzten Jahren deuten jedoch immer mehr Forschungsergebnisse darauf hin, dass sie auch eine wichtige Rolle für die Muskelgesundheit im Alter spielen könnten.

Wirkung auf Entzündungen – ein zentraler Faktor im Alter

Eine weitere spannende Eigenschaft von Omega-3-Fettsäuren ist ihre entzündungshemmende Wirkung, die gerade im höheren Alter eine wichtige Rolle spielt. Denn mit zunehmendem Alter entwickelt der Körper häufig eine stille, chronische Entzündung – ein schleichender Prozess, der oft unbemerkt verläuft, aber viele Alterskrankheiten begünstigt. 

 Auch der Muskelabbau wird durch diese sogenannten niedriggradigen Entzündungen – in der Fachwelt „inflammaging“ genannt – gefördert. 

Omega-3-Fettsäuren können hier gezielt gegensteuern, indem Sie Entzündungsprozesse dämpfen und damit bessere Voraussetzungen für die Muskelerhaltung schaffen. 

Eine gezielte Einnahme von Omega-3-Präparaten kann daher im Alter einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung von Muskelkraft und körperlicher Leistungsfähigkeit beisteuern. Besonders deutlich waren diese Effekte bei älteren Menschen mit zusätzlichen Risikofaktoren, wie etwa Typ-2-Diabetes oder Übergewicht. Studien zeigen, dass diese von einer regelmäßigen Supplementierung profitieren – vor allem dann, wenn die Präparate über einen längeren Zeitraum eingenommen werden (mehr als 6 Monate) und eine ausreichend hohe Dosierung enthalten (mehr als 2,5 Gramm EPA/DHA pro Tag).

Die Bedeutung von ausreichend Protein für starke Muskeln im Alter

Während Omega-3-Fettsäuren wichtige Impulse für die Muskelgesundheit geben, ist auch die richtige Menge an Protein entscheidend, um Muskeln im Alter aufzubauen und zu erhalten. 

  • Proteine liefern essenzielle Aminosäuren für den Aufbau und Erhalt von Muskelmasse. 
  • Eine ausreichende Zufuhr kann den altersbedingten Muskelabbau verlangsamen. 
  • Nach Belastung oder Training unterstützen sie die Reparatur geschädigter Muskelfasern. 
  • Proteine tragen dazu bei, Kraft und Funktionalität im Alter zu bewahren. 
  • Zusätzlich stärken Proteine das Immunsystem 

Gerade im Alter wird eine ausreichende Proteinversorgung immer wichtiger. Ältere Menschen haben oft einen geringeren Appetit und neigen daher zu Mangelernährung. Dadurch verliert der Körper auf natürliche Weise Muskelmasse. Eine ausreichende Proteinversorgung kann diesen Prozess verlangsamen oder sogar stoppen. 

Frühere Empfehlungen haben oft eine tägliche Proteinzufuhr von etwa 0,8 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht empfohlen. Für eine Person mit 70 Kilogramm wären das zum Beispiel rund 56 Gramm Protein pro Tag. Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen jedoch, dass diese Menge für ältere Menschen häufig nicht ausreicht, um dem Muskelabbau wirksam entgegenzuwirken. Viele Experten raten deshalb zu einer etwas höheren Proteinzufuhr – etwa zwischen 1,0 und 1,2 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht täglich. Für dieselbe 70-Kilogramm-Person bedeutet das 70 bis 84 Gramm Protein am Tag. 

Dabei ist nicht nur die Menge wichtig, sondern auch wann und wie das Protein über den Tag verteilt wird. Auch wenn mittlerweile bekannt ist, dass unser Körper auch große Einmalmengen von Proteinen verarbeiten kann, so ist es dennoch sinnvoll, die Proteinmenge auf mehrere Mahlzeiten zu verteilen. So kann eine gleichmäßige Versorgung über den Tag gewährleistet werden. 

Neben der Menge ist auch die Art des Proteins wichtig. Eine Mischung aus pflanzlichen und tierischen Proteinquellen ist ideal. Pflanzliche Proteine aus Hülsenfrüchten, Nüssen und Vollkornprodukten wirken oft entzündungshemmend und fördern eine gesunde Verdauung. Tierische Proteine aus Fleisch, Fisch, Eiern oder Milchprodukten enthalten alle wichtigen Aminosäuren, die der Körper besonders gut zum Muskelaufbau braucht. Beide zusammen unterstützen die Muskeln und die allgemeine Gesundheit am besten. 

Zusammengefasst ist eine ausreichende und gut verteilte Proteinzufuhr essenziell, um den Muskelerhalt im Alter zu unterstützen – besonders wirksam wird sie jedoch, wenn sie mit anderen wichtigen Nährstoffen wie Omega-3-Fettsäuren kombiniert wird.

Gemeinsam stärker: Wie Omega-3 und Protein zusammen die Muskeln unterstützen

Zahlreiche Studien zeigen, dass Omega-3-Fettsäuren und Proteine nicht nur einzeln, sondern besonders in Kombination effektiv gegen den altersbedingten Muskelabbau wirken. Beide Nährstoffe unterstützen die Muskelgesundheit auf unterschiedliche Weise – gemeinsam entfalten sie jedoch einen echten Synergieeffekt.

Für ältere Menschen, die oft mit Muskelschwund zu kämpfen haben, kann diese Kombination besonders wichtig sein. Insbesondere für ältere Frauen, die häufiger von Muskelverlust betroffen sind, bietet eine Ernährung, die sowohl reich an hochwertigem Protein als auch an Omega-3-Fettsäuren ist, einen wirksamen Schutz. Das heißt konkret: Wer darauf achtet, regelmäßig proteinreiche Mahlzeiten zu essen und gleichzeitig ausreichend Omega-3 über Fisch, Pflanzenöle oder Nahrungsergänzungsmittel aufnimmt, unterstützt seine Muskeln auf doppelte Weise.

Körperliche Aktivität: Ein Schlüssel gegen Muskelschwund im Alter 

Neben einer ausgewogenen Ernährung, die ausreichend Protein und Omega-3-Fettsäuren liefert, ist vor allem regelmäßige Bewegung entscheidend, um Muskelschwund im Alter vorzubeugen und zu behandeln. Denn nur durch die Kombination aus guter Ernährung und körperlicher Aktivität können Muskeln effektiv aufgebaut und erhalten werden. 

Bewegungsempfehlungen der WHO: 
  • 150 Min moderate Bewegung/Woche (z. B. Gehen, Radfahren) oder 75 Min intensive Aktivität (z. B. Joggen, Aerobic) 
  • Zusätzlich 2×/Woche Muskelkräftigung (z. B. Krafttraining, Eigengewichtsübungen) 
Besonders wirkungsvoll gegen Sarkopenie sind Krafttraining und sogenannte multimodale Trainingsprogramme. Das bedeutet, dass verschiedene Trainingsformen miteinander kombiniert werden – zum Beispiel Kraftübungen, Ausdauertraining und Balanceübungen. Studien belegen, dass regelmäßiges und ausreichend intensives Training die Muskelkraft deutlich verbessert, die körperliche Leistungsfähigkeit steigert und das Risiko für Muskelschwund senkt.

Empfehlungen für die Praxis 

  • Omega-3-Fettsäuren: 
Mindestens 2 bis 3 Gramm der wichtigen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA pro Tag einnehmen. Das gelingt am besten durch fettreichen Fisch wie Lachs, Makrele oder Hering oder durch hochwertige Fischöl-Ergänzungen. 

  • Protein: 
Ältere Frauen sollten täglich mindestens 1,2 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht zu sich nehmen. Das Protein sollte möglichst auf mehrere Mahlzeiten verteilt werden, idealerweise mit 20 bis 30 Gramm hochwertigem Eiweiß pro Mahlzeit. 

  • Bewegung: 
Die Kombination aus gesunder Ernährung und regelmäßigem Krafttraining ist besonders wichtig, um Muskelabbau im Alter wirksam zu verhindern.

Fazit 

Sarkopenie, also der altersbedingte Muskelschwund, betrifft besonders häufig ältere Frauen. Neben hormonellen und sozialen Faktoren spielt vor allem die Ernährung eine entscheidende Rolle, um dem Muskelverlust vorzubeugen. Omega-3-Fettsäuren und Proteine unterstützen die Muskeln auf unterschiedliche Weise, und zusammen wirken sie besonders effektiv. Für ältere Frauen bedeutet das: Mit einer gezielten Ernährung, die ausreichend Omega-3 und Protein enthält, kombiniert mit regelmäßiger Bewegung, lässt sich die Muskelkraft erhalten. So bleiben Mobilität, Selbstständigkeit und Lebensqualität auch im hohen Alter besser erhalten.

Malte Herberhold

Literaturverzeichnis


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